3D-Modell der Gedenkstätte in Rudabielka. Bitte klicken Sie auf das Bild, um das Modell zu sehen.

Am 15. März 1944, zwei Tage nach seiner ersten Begegnung mit den Deportationen, besuchte Josef Perau das Deportationslager bei Rudabielka. Zu diesem Zeitpunkt waren etwa 10 000 Zivilist:innen in einem behelfsmäßigen Lager in der Nähe des Kopfbahnhofs versammelt und warteten darauf, in das Lager in Dzierć gebracht zu werden.

„Es werden hier in einem großen Stacheldrahtumzäunten Lager unter freiem Himmel die Zivilisten der ganzen Umgebung zusammengepfercht. Die arbeitsfähigen Männer und Frauen kommen nach Deutschland, die anderen werden in einen vorspringenden Frontbogen getrieben, der in einer Nacht zurückgenommen wird – und alle sind dann beim Russen, der dann für sie sorgen muss. […] Wenn man in die Gegend des Lagers kommt, bietet sich ein Bild des Schreckens. Das ganze Feld ist übersät mit dem Hab und Gut dieser Menschen, das sie nicht weiter mitschleppen konnten. […] Ich spürte die Veränderung zuerst an einem seltsam erregenden Geräusch, welches ich nicht näher bestimmen konnte, bis ich in der Ferne das Lager entdeckte. Ein ununterbrochenes leises Wehklagen vieler Stimmen stieg daraus zum Himmel auf. Und dann sah ich, wie man gerade vor mir die Leiche eines alten Mannes abschleppte wie ein Stück Vieh. Man hatte einen Strick um sein Bein gebunden. Eine Greisin lag tot am Wege mit frischer Schusswunde in der Stirn. Ein posten der Feldgendarmerie belehrte mich weiter. Er wies auf ein paar Bündel im Dreck hin: Tote Kinder. […] Frauen haben ihre Kinder, die sie nicht mehr tragen konnten, am Wege liegen lassen. Auch sie wurden erschossen, wie überhaupt alles „umgelegt“ wird, was wegen Krankheit, Alter und Schwäche nicht mehr weiter kam. Ein San. Offizier, dem ich erregt davon berichten wollte, wies mich überlegen ab: „Herr Pfarrer, das überlassen Sie nur uns. Ich habe selber aus Mitleid ein paar hilflose Kinder erschossen.“ 1


  1. Perau, Josef: Prieser im Heere Hitlers. Erinnerungen 1940-1945, Essen 1962. ↩︎